Mit der richtigen Hand- und Fingerhaltung verwendet man nur ein Mindestmaß an Kraft & Bewegung und kann sich beim Vortrag auf das Wesentliche in der Musik konzentrieren.
Die Unterarme liegen parallel zur oder etwas über der Klaviatur. Die Arme sind entspannt und dienen nur zur „Passiven Beschwerung“ der Finger (Einzeltonspiel) oder der Hände (Akkordspiel). Die Schultern hängen entspannt nach unten – eine angezogene Schulter wirkt sich immer negativ auf einen lockeren und gleichmäßigen Anschlag aus. Die Hände werden senkrecht von oben auf die Tasten gelegt, kurz vor den schwarzen Tasten. Dabei bilden sie eine Hohlhand, so, als möchte man einen Tennisball auffangen, der vom Boden zurückspringt.
Man achte darauf, dass die Finger weder zu sehr nach innen gekrümmt sind, noch zu sehr gestreckt sind. Optimal ist ein Aufsetzen der Fingerkuppen ohne Verwendung der Fingernägel. Beim Einzelton- wie Akkordspiel ist darauf zu achten, dass die „langen“ Finger (Zeige-, Mittel- und Ringfinger) parallel zu führen sind und der Daumen sowie der kleine Finger für die untersten bzw. obersten Töne abgespreizt werden dürfen.
„Scheren“ zwischen den langen Fingern sollten unbedingt vermieden werden, da die Hand sonst nicht mehr 90° zur Klaviatur liegt. Dieser Winkel ist notwendig, um einerseits jedem Ton die gleiche Lautstärke geben zu können, andererseits, damit man immer in der Lage ist mit gleicher Geschwindigkeit in beide Spielrichtungen zu wechseln.
Bei der Fingerkrümmung gilt das Gesetz der Schwerkraft: „Alles was nach unten hängt, ist entspannt, alles was nach oben steht ist angespannt.“ Klavierspielen sollte Entspannung bedeuten!
Es wird später von wesentlicher Bedeutung sein, dass man diese locker gekrümmte Fingerhaltung beibehält. Alle Finger sollten stets in Tuchfühlung mit den Tasten bleiben – d.h., auch wenn sie nicht aktiv sind. Mit der Zeit wird man diese Tuchfühlung unterbewußt beibehalten. Damit ist gewährleistet, dass meist „allein die Finger“ spielen, d.h. der Impuls kommt allein aus dem Verbindungsgelenk zwischen Finger und Handrücken (Grundgelenk). Unnötige Bewegungen wie das Heben und Wegspreizen einzelner Finger, sowie das Heben, Drehen oder seitliche Verschieben der Hände sollten vermieden werden, insbesondere beim Fingerwechsel oder Fingerüber- und Untersatz.
Eine ebenso witzige wie nützliche Übung ist die „1-Euro-Übung“: Man lege die Münze auf den Handrücken und spiele nun Tonleitern, Arpeggios etc., ohne dass der Euro dabei verrutscht oder herunterfällt.
Oberstes Prinzip beim Klavierspielen muß sein, Bewegung, Kraft, Muskeln, Energie, Gedanken, Temperament etc. sparsam und kontrolliert nur da einzusetzen, wo es angebracht ist. Ansonsten wird man sich immer wieder mit denselben Problemen konfrontiert sehen, die Einen in eine unnötige, „hausgemachte“ Streßsituation versetzen: „Ich hänge immer an derselben Stelle...Diese Tonleiter ist wie verhext...Das schaffe ich nie...“ usw. Die Lockerheit beim Klavierspielen beginnt im Kopf! Kontrollieren Sie anfangs immer wieder, ob Sie tatsächlich bereit sind, für die Dauer der Übungsstunde alles Belastende „draußenzulassen“ und sich mit Herz und Verstand ganz dem Instrument zu widmen. Weil wir die Muskeln der Ober- und Unterarme zum Klavierspielen nicht benötigen, ist es wichtig, dies immer wieder zu überprüfen. Beobachten Sie die ganz Großen: Es sieht beinahe so aus, als würden sie selbst die schwierigsten Stücke spielen, als säßen sie an der PC-Tastatur! Schließlich heißt es KlavierSPIELEN – und nicht KlavierARBEITEN. Selbst die schwierigsten Passagen sollten mit spielerischer Leichtigkeit bewältigt werden, ebenso immer mit einer Portion Humor und vollkommen ohne Verkrampfung! Das Ausbleiben von Freude und Enthusiasmus und das Einkehren von Lethargie und Zwanghaftigkeit bedeuten das Ende jeder musikalischen Interpretation.
Auf dem folgenden Foto ist die zu empfehlende Hand- und Fingerhaltung zu sehen (die Zeitgenossen übrigens auch J.S. Bach zuschrieben...):
© Thomas Walossek 2014-2022
PDF Download: Hand- und Fingerhaltung am Klavier
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